Unterschiedliche Welten
Liebe Freunde
Seit März sind wir in Mandritsara, Madagaskar! Ein halbes Jahr bereits! Vieles haben wir entdecken können. Wir haben hier Einheimische gefunden, die uns helfen und uns tatkräftig unterstützen, damit wir die Kultur und Sprache der Menschen verstehen können. Wir sind aber immer noch Gäste hier, die dabei sind, das Leben und die Abläufe zu verstehen und auch entsprechend unsere Projekte zu formen und anzupassen.
1. Sprachstudium, Arbeit und Projektevaluation
Es geht um viel mehr als nur darum, die Sprache zu lernen – nämlich darum, zunehmend ein Teilnehmer einer ganz anderen Kultur zu werden. Auch hier in Madagaskar ist das Zuhören und Verstehen des Anderen wichtiger als das selber reden Können. Wir sind aktuell etwa im Sprachalter eines 2- bis 3-jährigen Kindes, was Reden und Verstehen angeht, und werden auch etwa so wahrgenommen, nur sind wir etwas gross und grau geraten… Eine wichtige Lebensschule für uns. Im Zusammenhang mit dem Verein Fokus Madagaskar und den sich dadurch ergebenden Möglichkeiten zur gezielten Ausarbeitung und Unterstützung von Projekten konnten wir wertvolle Kontakte knüpfen und Informationen sammeln. Wir sind nun immer mehr in der Lage, diese zu konkretisieren und an hiesige Bedürfnisse anzupassen. Im August wird Thomas im Spital mit der Arbeit auf der medizinischen Abteilung beginnen, da nur noch ein Arzt auf der Medizin verbleibt. René Stouthandel wird uns im September für 3 Wochen zusammen mit seiner Frau Christine besuchen und im Spital mitarbeiten. Esther macht weiter intensiv Sprachstudium. Sie wird auch einen Nähkurs für Frauen anbieten und in einer Schulklasse der „Ecole Bonne Nouvelle“ zusammen mit einer Lehrerin, die sehr interessiert ist, mithelfen und sich besonders für lernschwächere Kinder einsetzen. Wir sind gespannt, was alles auf uns zukommt und ob die Sprachkenntnisse für den Start genügen.
2. Projekt „Hilfe für notleidende alte Menschen“
Altersrenten gibt’s hier nicht wie in der Schweiz. So sind die Kinder im Alter für die Eltern verantwortlich, wenn diese nicht mehr selber den Reis kultivieren können. Es gibt aber immer wieder Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine Familienangehörigen haben und völlig auf sich allein gestellt sind. Die Frau auf dem Foto nebenan ist nun 82-jährig und hat keine Familienangehörigen, die ihr helfen können. Sie hat vor 12 Jahren einen Jungen kurz nach der Geburt aufgenommen. Wir haben die Frau zu Hause besucht. Sie wohnt in einer vom Zusammenfallen bedrohten Lehmhütte, mit einem Bett und einer Kochstelle am Boden, ohne Strom und Wasser. Gelegentlich bekommt sie von irgendwelchen Leuten etwas Geld, um Reis zu kaufen. Die Frau geht aber auch auf die umliegenden Reisfelder und sammelt die nicht geernteten Reisgarben, die sie nach Reiskörnern durchsucht. Sie hat eine schwere Kniearthrose beidseits. Ins Spital kann sie nicht mehr gehen; ein Transport wäre viel zu teuer für sie und es gibt hier keine Hausärzte, die Besuche machen. Es gibt auch keine Krankenkasse, die für die Kosten aufkäme. Zusammen mit einem madagassischen Ehepaar, das ein grosses Herz für diese älteren Notleidenden hat, werden wir nun versuchen, die Not für einzelne etwas zu lindern. Nach eingehender Prüfung werden wir eine Grundversorgung anbieten (siehe Kasten), was pro Jahr rund 150 Franken pro Person kostet. Mit dem Geld, das die Menschen gelegentlich von anderen bekommen, können sie Grundnahrungsmittel (Reise, Gemüse, Beilagen), Medikamente oder andere wichtige Kosten bezahlen. Wir werden auch einen Hilfsfond für unvorhergesehene Kosten eröffnen, um im Notfall zusätzliche Kosten, wie sie zum Beispiel bei Krankheit entstehen, übernehmen zu können. Jeden Monat werden die Menschen von einem Team, zu dem auch wir gehören, besucht und es wird ihnen dabei persönlich und rationiert das Grundversorgungspaket abgegeben. Der 12-jährige Knabe kann nun seit Monaten nicht mehr in die Schule, da die alte Frau die Kosten für die Schulmaterialien nicht mehr bezahlen kann. Auch hier möchten wir helfen und diese Kinder mit 150 Franken pro Jahr unterstützen, damit sie wieder in die Schule gehen können. => siehe auch Projekt Schulbildung, Punkt 3
3. Projekt „Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen“
Hier in Mandritsara gibt es mittlerweile sehr viele staatliche und private Schulen, die jedoch alle nicht kostenlos sind. Meistens sind es Klassen mit 80 und mehr Kindern pro Schulklasse in kleinsten, kärglich ausgestatteten Schulzimmern. Die Lehrer verdienen nur sehr wenig, müssen deshalb selber noch Reisfelder bewirtschaften und erscheinen deshalb häufig nicht zum Unterricht. Der Wissenstand nach 12 Jahren Schule ist tief. Die „Ecole Bonne Nouvelle“ hat sich zum Ziel gesetzt, einigen Kindern (aktuell über 300) eine überdurchschnittliche Schulbildung in Klassen von ca. 30 Kindern und mit ausreichend bezahlten Lehrern, die regelmässig unterrichten (damit sie nicht nebenbei noch arbeiten müssen) zu bieten. Wir möchten nun 100 Kindern diese Schulbildung ermöglichen helfen und jedes Kind mit 150 Franken pro Jahr unterstützen resp. die Kosten so subventionieren, dass die Eltern die Schule bezahlen können.
Aktuelle Projekte im Überblick
Grundversorgungspaket für 1 Person/1 Jahr
- 1 Kohleofen Aedes (wird in Madagaskar hergestellt; braucht rund 50 % weniger Kohle als übliche Öfen)
- Kohle (ca. 12 Säcke pro Jahr)
- Reis (ca. 300 kg pro Jahr) – Speiseöl (ca. 6 Liter pro Jahr)
- Öl für Lampen (Licht; 6 Liter pro Jahr)
==> Kosten: Fr. 150.– Person und Jahr
Wer möchte diese Kosten gezielt für eine Person für 6 oder 12 Monate übernehmen?
Damit können wir die Arbeit ausbauen und mehr ältere Leute unterstützen!
Subvention Schuljahr für 1 Kind/1 Jahr
Wir werden vorerst für 100 Kinder die Schule mit 150 Franken pro Kind/Jahr subventionieren – initial für 2 Jahre. Anschliessend werden wir gemäss den finanziellen Möglichkeiten des Vereins entscheiden.
Wer möchte speziell für 1 Kind die Schule für 6 Monate oder 1 Jahr subventionieren (je nach individueller Einschätzung der „Ecole Bonne Nouvelle“ oder einer öffentlichen Schule)?
4. Ausblick
Mit dem Beginn der Arbeit im Spital im August werden wir weitere Projekte evaluieren, die uns sinnvoll und nachhaltig erscheinen. Ein spannendes Projekt mit Kleinpumpenbau zur Verbesserung der Landwirtschaftserträge ist noch in Vorbereitung. Wir werden dieses im nächsten Infobrief vom November vorstellen.
Ganz herzlich möchten wir Euch allen danken, da Ihr diese Projekte durch die enorm grosse finanzielle Unterstützung erst ermöglicht, die der Verein bisher erhalten hat. So wird eine viel grössere Hilfeleistung möglich, als wenn wir alleine hier wären. Wir sind froh, dass wir vor Ort die Situation erleben und analysieren können.
Seid herzlich gegrüsst aus dem kühlen Süden (aktuell um 25 Grad kalt…)!
Eure Esther und Thomas Beck