Nachhaltigkeit durch Ausbildung

«Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.»

 

Liebe Leserinnen und Leser

Dieses wohlbekannte Zitat konnte dieses Jahr mehrfach umgesetzt werden.

Im Juli und August besuchten verschiedene Teams aus der Schweizdas Bethany Hospital in Tamatave. Dabei konnte medizinisches Wissen vermittelt werden wie Magenspiegelung (Gastroskopie), Ultraschalluntersuchung (Sonografie), gynäkologische Vorsorgeuntersuchung und -behandlung (Kolposkopie) und Bauchspiegelung (Laparoskopie). Wenn sogar der ehemalige Firmeninhaber der sensiblen Endoskopiegeräte (Remy Treier, Duomed Swiss AG) vor Ort bei der Einrichtung selber Hand anlegt, werden die Spitalmitarbeitenden zusätzlich motiviert ihre Kenntnisse zu vertiefen und das Material adäquat einzusetzen. Nicht nur im Spital, sondern auch bei den Teilnehmern verbleiben nachhaltige Eindrücke, wovon die folgenden Berichte zeugen.

René Stouthandel, Vereinspräsident

Gastroenterologie-Einsatz in Madagaskar

Die Idee Von der Hauptstadt abgesehen, existiert in Madagaskar keine gastroenterologisch-endoskopische Versorgung. Dies bei einer Einwohnerzahl von 30 Millionen Menschen. Die Firma Duomed AG (früher Treier AG) hat dem Bethany Hospital Center zu grosszügigen Konditionen eine komplette Endoskopieeinheit überlassen. Unsere Praxis wurde von Thomas Beck angefragt, das Projekt medizinisch zu lancieren und die lokale Ärzteschaft und Pflege weiterzubilden.

Der Beginn Im Juli 2023 ist eine Delegation nach Madagaskar gereist, um das Projekt umzusetzen. Diese bestand aus Fachpersonen aus den Bereichen Infrastruktur, Technik, Pflege und Medizin. Die Gastroenterologie Thun war mit zwei Ärzten (Dr. med. Boudewijn van der Weg, Dr. med. Daniel Weiss) und einer Pflegefachfrau (Frau Dora Meyer, Vereinsvorstandmitglied) vor Ort. Das Engagement erfolgte ausschliesslich auf privater Basis und ohne finanzielle Unterstützung. Die Firma Duomed AG wurde vor Ort durch den ehemaligen Firmeninhaber (Herr Rémy Treier) vertreten, welcher technischen Support leistete. Insgesamt waren sieben Personen beteiligt.

Erste Eindrücke  Alles in dieser Stadt ist exotisch. Unsere Sinne mussten sich erstmals an diese andere Welt gewöhnen. Das Spital bietet eine breite medizinische Versorgung an, wobei diese in keiner Weise mit den Schweizer Verhältnissen verglichen werden darf. Dank der fortwährenden Unterstützung durch den Verein Fokus Madagaskar ist die medizinische Infrastruktur insgesamt erstaunlich gut. Die hohe Luftfeuchtigkeit fordert aber ihren Tribut. Feuchtigkeit ist überall, unter anderem auch in medizinischen Apparaturen. Das Hospital wird durch den madagassischen Chirurgen Fabruce geführt, unterstützt durch Thomas Beck. Wir waren beeindruckt, mit wie wenig Ressourcen viel erreicht wird. Dahinter steht der ungebrochene Wille, der Bevölkerung und auch den Ärmsten zu helfen.

Das Projekt Nach unserer Ankunft wurden zunächst Apparate und Equipment installiert und in Betrieb genommen. Im Endoskopieraum wurde eine Klimaanlage installiert. Das Personal wurde ausführlich in der Handhabung, Reinigung und Pflege der Endoskope geschult. Auf die strikte Einhaltung von hygienischen Standards wurde grossen Wert gelegt. Die ärztliche Weiterbildung erfolgte für zwei Ärzte, von der Pflege wurden sechs Personen weitergebildet. Allen Beteiligten wurde eine intensive praktische und theoretische Weiterbildung geboten. Am Ende des zweiwöchigen Einsatzes war das gesamte Team fähig, Magenspiegelungen, beginnend bei der Vorbereitung bis hin zur Reinigung und Aufbewahrung der Instrumente, selbstständig durchzuführen.

Fazit Nach intensiver Vorbereitung und zweiwöchigem Engagement vor Ort ist es gelungen, die Gastroenterologie am Bethany Hospital Center in Tamatave in Betrieb zu nehmen. Dies kommt der notleidenden Bevölkerung der zweitgrössten Stadt in Madagaskar zugute. So können verschluckte Fremdkörper (z.B. bei Kindern) endoskopisch entfernt und Blutungen im Magen-Darmtrakt behandelt werden. Das grosse Interesse und Engagement der Ärzte und Pflegepersonen hat uns sehr beeindruckt. Dies stimmt uns zuversichtlich, dass unser Projekt auch länger Bestand haben wird.

Ausblick Die Gastroenterologie Thun hat dem Bethany Hospital Center eine telemedizinische Betreuung zugesagt, welche bereits regelmässig genutzt wird. Dr. Thomas Beck ist weiter vor Ort und unser direkter Ansprechpartner. Die Firma Duomed wird das Spital weiterhin technisch und infrastrukturell unterstützen. Die Möglichkeit, defekte Geräte zu reparieren ist gewährleistet. Geplant sind weitere Einsätze vor Ort, welche im Sinne der Nachhaltigkeit sicherlich notwendig sind.

Boudewijn van der Weg, Gastroenterologe, Thun 

Kolposkopieprojekt im Bethany Hospital Center

Gebärmutterhalskrebs wird bei uns in der Schweiz nur noch selten diagnostiziert, da es schweizweit eine flächendeckende Krebsvorsorge gibt.

In Madagaskar existiert eine solche nicht, zumindest nur vereinzelt und deswegen ist Gebärmutterhalskrebs sehr verbreitet. Auch bei jungen Frauen wird es immer wieder in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, in dem eine Behandlung zu spät ist und die Frauen nicht mehr geheilt werden können.

Aus diesem Grund ist es wichtig und wünschenswert möglichst vielen Frauen eine kostengünstige und effiziente Diagnose und Behandlung der Präkanzerosen (Krebsvorstufen des Gebärmutterhalskrebses) zu ermöglichen.

Mit einem einfachen Gerät, das den Gebärmutterhals durch Vergrösserung und einfachen Anfärbungen untersuchen lässt, können diese Gebärmutterhalsvorstufen diagnostiziert werden.

Ein funktionierendes Kolposkop steht im Bethany Hospital bereits zur Verfügung, wurde bisher aber noch nicht eingesetzt.

Die Ärztinnen waren sehr motiviert, wurden von Thomas Beck auch bereits theoretisch geschult und waren alle in Besitz eines von ihm zusammengestellten Handouts. Am ersten Tag musste ich jedoch feststellen, dass vor der eigentlichen Kolposkopie das Einführen eines Spekulums geübt werden musste.

Zu Beginn des Morgens wurde regelmässig Theorie vermittelt und repetiert. Jeden Tag kamen viele Patientinnen zur Vorsorgekolposkopie, die kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Das Interesse der Ärztinnen war sehr gross und sie konnten die theoretisch erworbenen Kenntnisse anwenden.

Die diagnostizierten Läsionen konnten direkt mit dem mitgebrachten Thermoablationsgerät (Hitzeverödung) behandelt werden. Dieses Gerät ist sehr einfach in der Handhabung und kann auch ohne Stromanschluss mit einer aufladbaren Batterie betrieben werden. Das Ziel wäre auch in die Dörfer gehen zu können und dort Diagnostik und Therapie direkt vor Ort durchzuführen.

Das Interesse ist gross von Seiten der Patientinnen und Ärztinnen. Es braucht sicher noch viel Teaching und Training. Es freut mich deshalb sehr, dass ich eine erfahrene Kollegin begeistern konnte, dieses Projekt im November 2023 im Bethany Hospital in Tamatave weiterzuführen.

Melanie Loser, Gynäkologin, Bern

Laparoskopie

Nach einer umständlichen Anreise (3 ½ Tage statt 30 Stunden) konnte ich zum wiederholten Male 2 Wochen mit Thomas und Fabruce tätig sein. Neben Absprachen bezüglich Zusammenarbeit zwischen Spital und Verein stand die Laparoskopie im Vordergrund.

Neben einigen technischen Schwierigkeiten zeigte sich, dass die Anästhesie in der aktuellen Form nicht geeignet ist um diese Operationsmethode regelmässig einzusetzen. Wir versuchen dieses Problem durch Ausbildung und Anpassung der Infrastruktur zu beheben, aber uns fehlt aktuell noch die geeignete Fachperson (Anästhesist) dazu.

Wer fühlt sich angesprochen?

René Stouthandel, Chirurg

Dank von Esther und Thomas Beck

In diesem Jahr waren wir besonders beschenkt mit Teams aus der Schweiz, welche sich für die in den obigen Berichten erwähnten Bereiche im Spital einsetzten und noch einsetzen werden.

(Physiotherapie mit Dieter Neeser und Kolposkopie mit einer Gynäkologin im November 2023).

Für das Spitalpersonal bedeuten diese Kontakte wertvolle Möglichkeiten ihr Wissen aufzufrischen und neues zu erlernen. Durch die engagierte und herzliche Art und Weise wie sie ihr Wissen weitergaben wurden wir und das Spitalpersonal ausserordentlich ermutigt.

Vielen, vielen Dank an Euch alle die sich die Mühe nahmen hierher zu reisen und eure Ferien und Finanzen dafür einzusetzen. Die persönlichen Kontakte und der Austausch in der Muttersprache sind halt auch immer sehr wertvoll für uns beide.

 

 

Impressum / Kontakt

Herausgeber                    Verein Fokus Madagaskar, 3600 Thun | www.fokus-madagaskar.org | 078 656 21 65 | info@fokus-madagaskar.org.

Kontakt Madagaskar   beck.madagaskar@gmail.com

Lektorat, Layout            René Stouthandel, stouthandel@bluewin.ch

Spendenkonto                 Raiffeisenbank Gürbe, Kto. 30-4423-9, 3123 Belp
zugunsten Fokus Madagaskar, 3600 Thun, IBAN CH59 8080 8007 6594 2022 7