Rückreise nach Madagaskar

Nachdem wir September – Oktober in der Schweiz mit unseren Familien und Freunden verbringen und den Einkauf von medizinischem Material für zwei Container organisieren konnten, gelang es uns am 28.10.2020 in einem letzten Repatriierungsflug von Air Madagaskar zurückzureisen. Bis April 2021 sollen nun die Grenzen offiziell für europäische Flüge geschlossen bleiben. Umso dankbarer sind wir, dass es noch möglich war via Tana nach Tamatave zu reisen!

Mit viel Freude konnten wir die Arbeit wieder aufnehmen.

Spitalarbeit

Die Arbeit im Spital wurde auch während unserer zweimonatigen Absenz gut weitergeführt, worauf wir sehr stolz sind. Landesweit wurde der Notstand vor allem auch aus ökonomischen Gründen Mitte Oktober aufgehoben. Corona Teste werden kaum mehr durchgeführt. Im Spital halten wir die Schutzmassnahmen natürlich möglichst konsequent ein.

Wir konzentrieren uns wieder auf die alltäglichen Herausforderungen: die Behandlung der Patienten trotz den vorhandenen Schwierigkeiten wie fehlenden Diagnosemöglichkeiten und Medikamenten, sowie Aus- und Weiterbildung des Personals im medizinischen und administrativen Bereich. Nach kurzem Patientenrückgang, vor allem am Anfang des Lockdowns, ist das Spital nun wieder bis über das letzte Bett gefüllt und wir haben sehr viel zu tun und können vielen Menschen Hilfe leisten.

Nirina Rahamalariona wohnt in einem Dorf rund 60 Km entfernt von Tamatave. Seit 2005 verspürte sie einen zunehmend grösser werdenden Tumor im Bauch. Aufgrund ihrer fehlenden finanziellen Reserven war kein Spital bisher bereit die Patientin zu operieren. Sie kam anfangs November in die Sprechstunde und wir konnten sie mit Hilfe des Armenfonds von Fokus Madagaskar operieren. Acht Kilogramm schwer und 45x 40 x20 cm gross war der gutartige Tumor, den wir aus ihrem Bauch entfernen konnten. Als ich sie am Morgen nach der OP besuchte strahlte sie übers ganze Gesicht. Sie fühle sich wie neu geboren und geniesse es wieder auf dem Rücken zu liegen, etwas was sie seit Jahren nicht mehr konnte, da es ihr aufgrund des Druckes auf die Bauchorgane immer übel wurde. Die drei Frauen, die  sie begleiteten und  pflegten, wollten unbedingt den Tumor am Abend nach Hause nehmen um ihn der Familie zu zeigen. Ich musste es ihnen erlauben, allerdings mit der Ermahnung ihn dann sicher zu verbrennen.

Die Umstellung der administrativen Prozesse von bisher handgeschriebener auf elektronische Erfassung und Verarbeitung hat sich dahingezogen. Im Container im August kamen weitere Laptops von Fokus Madagaskar an. Danke! Nun konnten wir an allen Schlüsselstellen des Spitals PCs aufstellen und vernetzen, aber das Ganze funktioniert bisher noch nicht befriedigend. Deshalb wird jetzt für zwei Monate ein lokaler Informatiker angestellt, der intensiv an der Umsetzung und Lösung der letzten Blockaden arbeitet.

Infrastrukturmaterial

Aus der Schweiz …

Auch wenn wir im Herzen schon von einem neuen Spital träumen, arbeiten wir mit ganzer Kraft in unserem Fabrikhallenspital. Wir versuchen die Infrastruktur möglichst kostengünstig und provisorisch den Bedürfnissen anzupassen. Eine weitere Herausforderung bleibt die Verbesserung der Spitalorganisation und der fachlichen Fähigkeiten.Während des Schweizer Aufenthalts konnten wir viel notwendiges Material finden. Wir haben uns entschlossen den Container zu kaufen, um einen sicheren Lagerplatz hier in Tamatave zu haben.

Der Container wird am 28.11.2020 in Basel gepackt, dann via Rheinschiff nach Antwerpen und anschliessend über Mauritius nach Tamatave den Weg nehmen, wo er voraussichtlich Ende Januar 2021 ankommen sollte.

Die Organisation des Transportes und die Erstellung der Zolldokumente sind sehr anspruchsvoll.  Wir sind dankbar, dass wir in Basel mit Eric Voyame von der Stiftung Madagascare einen Profi haben, der dies für uns erst noch kostenlos organisiert. Zusätzlich hilft uns Eric immer wieder medizinisches Material zu finden.

Eric Voyame

Inhalt Container Basel :

  • Elektrische Chirurgiemesser
  • Durchleuchtungsgerät Ultraschallgerät
  • Sessel/Stühle/Tische
  • Geburtsbetten
  • Operationslampen
  • Schwerlastregale und Lagerregale
  • Transport-, Notfall- und Röntgenliegen
  • Rollstühle, Gehhilfen, Rollatoren

… und aus England
Bei besonders sensiblen Geräten haben wir uns aufgrund der vergangenen Erfahrungen entschieden vor allem neue oder gut erhaltene Demogeräte zu suchen, da doch einige der eher alten ausrangierten Geräte, die wir günstig kaufen konnten oder gratis erhielten, oft schnell defekt waren und reparaturbedürftig wurden. Oft gab es keine Ersatzteile mehr. Deshalb kaufen wir neue Geräte nun bei Medical Aid International. Die Organisation kauft bei verschiedenen Herstellern speziell für den Einsatz in Entwicklungsländern geeignete medizinische Geräte und verkauft sie dann ohne Gewinnmarge weiter und organisiert auch den Transport.
Die totalen Kosten für das weitgehend neue Material oder Demomaterial betragen insgesamt ca. 135’000.- CHF.

Geplanter Inhalt Container England:

  • Digitaler Röntgenapparat mit Entwicklungsmodul, Computer und Schutzausrüstung
  • Grosser Spital Autoklav (zum Sterilisieren von OP Material)
  • Anästhesie/Narkosegerät mit Notstromversorgung
  • 6 Überwachungsmonitore für Operationssaal und Intensivstation
  • 15 Sauerstoffkonzentratoren (je 1 pro 2 Betten und Reserve)
  • Neuer Operationstisch mit vielem Zubehör
  • Notfallausrüstung mit Defibrillator
  • Diverses spezifisches Operationsmaterial für Orthopädie, Geburtshilfe, Gynäkologie, rekonstruktive Chirurgie und Allgemeinchirurgie

Land für einen Spitalneubau

Aktuell sind wir in zwei alten Fabrikhallen in Miete. Diese wurden kostengünstig und provisorisch umgebaut, so dass es möglich war ab Januar 2019 einen Spitalbetrieb aufzunehmen. Mittlerweile sind ca. 50 Mitarbeiter beschäftigt und wir können 24 Std/7 Tage pro Woche der Bevölkerung medizinische Grundversorgung anbieten. Es hat sich sehr bewährt klein zu starten und stetig zu wachsen und die Organisation und Struktur den Bedürfnissen anzupassen.

Allerdings zeigt sich wie erwartet, dass wir mit den bestehenden strukturellen Gegebenheiten des Gebäudes, an die Grenzen kommen. Weitergehende Umbauten sind rein platzmässig nicht möglich und auch finanziell in einem Mietobjekt nur beschränkt sinnvoll.

Deshalb haben wir uns seit einigen Monaten auf die Suche nach einem Stück Land gemacht, das den Kriterien eines Neubaus entsprechen würde wie:

  • Lage: in dem besonders bedürftigen Stadtviertel Mangarano hier in Tamatave
  • Grösse: mindestens 3000 m2, guter Zugang nahe einer geteerten Strasse und
  • Möglichkeit von Strom- und Wasseranschluss ans öffentliche Netz.

Nun haben wir ein Terrain gefunden, das diesen Kriterien entsprechen würde: Kostenpunkt 125’000 Franken (knapp 42.- CHF pro Quadratmeter).
Mit Hilfe von Fokus Madagaskar möchten wir versuchen dieses Land zu kaufen.

Wir sind daran die Formalitäten und Bedingungen abzuklären.

Wenn wir das Land kaufen könnten, möchten wir natürlich bald mit dem Neubau starten.

Wir möchten ein Spital mit etwa 72 Betten bauen: je 16 medizinische- , chirurgische-, geburtshilfliche- und pädiatrische Betten, zusätzlich Notfallbetten und Ueberwachungsbetten.

Wir hoffen in den nächsten Rundbriefen berichten zu können, dass der Landkauf möglich wurde und wir euch die ersten Pläne des neuen Spitals vorstellen können.

Wir freuen uns, dass wir mit Fokus Madagaskar, respektive eurer Unterstützung, von so grossen Plänen träumen und bereits erste Schritte in diese Richtung unternehmen können. Dadurch werden wir eine grosse Hilfe für die hiesige Bevölkerung sein können.

Wir wünschen Euch eine schöne Weihnachtszeit trotzt allen Einschränkungen wegen Corona!
Und dass ihr mit Freude und Zuversicht ins neue Jahr starten dürft.

Herzliche Grüsse
Thomas und Esther Beck