Neues von Esther und Thomas Beck
Liebe Freunde und Interessierte
Nach zwei turbulenten Monaten in der Schweiz waren wir überglücklich, am 19. Februar gesundheitlich gestärkt nach Madagaskar auszureisen.
Als wir im Dezember zurückkamen, wagten wir noch nicht zu hoffen, wieder ausreisen zu können. Umso grösser ist nun unsere Freude: Die medizinischen Abklärungen brachten keine schlimmere Krankheit zutage und die Therapie zeigte Gott sei Dank gute Wirkung.
Antananarivo: Ankunft in der Hauptstadt
Am 20. Februar landeten wir in Antananarivo, wo wir die Arbeitsbewilligungen, Visa und Führerausweise organisieren konnten.
In Tana konnte ich in einem Spital von „mobile Hilfe Madagaskar“ mitarbeiten und einen Einblick erhalten. Mit meinem madagassischen Kollegen Dr. Solo durften wir den neuen Operationssaal mit einem Kaiserschnitt einweihen. Dr. Solo wird nun vorerst teilzeitlich auch in diesem Spital als Belegarzt tätig sein.
Daneben konnten wir einem deutschen Kinderchirurgen-Team und einem plastisch-chirurgischen Team (vor allem Lippenspalten und Kontrakturbehandlung nach Verbrennungen) assistieren, was auch fachlich sehr spannend war. Es gibt ja immer wieder Teams aus verschiedenen Ländern, die bereit sind, für kurze Zeit medizinische Einsätze zu machen, um komplexe Fälle zu behandeln.
Für mich waren diese Kontakte auch im Blick auf eine zukünftige Zusammenarbeit sehr wertvoll.
Toamasina (auf Französisch Tamatave) ist eine Stadt in Madagaskar mit rund 400 000 Einwohnern und dem einzigen natürlichen Hafen an der Ostküste. Toamasina erlebte die verschiedensten Besatzungsmächte: Auf die Portugiesen folgten die Franzosen, die Briten, die Merina und schliesslich wieder die Franzosen. 1927 wurde Toamasina von einem Wirbelsturm total zerstört. Die Stadt musste völlig neu aufgebaut werden. 1986 wurde sie erneut durch einen Zyklon fast vollständig zerstört.
Weiterfahrt und Einleben in Toamasina/Tamatave
Anfangs März sind wir weiter nach Toamasina gereist, wo wir vorerst für vier Monate bleiben wollen.
Wir hatten uns ja entschieden, nicht mehr weiter in Mandritsara zu arbeiten, sondern nach Toamasina an der Ostküste der Insel zu ziehen.
Dies ist eine typische afrikanische Hafenstadt. Wir versuchen uns nun hier einzuleben. Mit der Hektik, den Abgasen und dem Lärm sind wir noch etwas überfordert, doch es gibt ja auch das Meer und einen recht schönen Sandstrand. Ausserhalb der Stadt liegen auch viele Grünflächen und Wälder, um sich zu erholen.
In Toamasina wollen wir vorerst in verschiedene Projekte hineinblicken und mitarbeiten, um uns dann nach einigen Monaten zu entscheiden, wo wir uns längerfristig wieder engagieren wollen / sollen / dürfen
Sei es nun in einem neu aufzubauenden Spital für die arme Bevölkerung in Toamasina und von Gesundheitsposten in den umliegenden Dörfern oder auf einem Schiff für die medizinische Versorgung in unzugänglichen Dörfern entlang der Küste.
In der Gesundheitsvorsorge existiert eine Organisation, Mercy Ministries, die verschiedenste Gesundheitsposten in den entlegenen Dörfern aufgebaut hat. Ihr Leiter Damien ist Schweizer und mit der Madagassin Njara verheiratet. Seit mehreren Jahren wohnen sie hier in Tamatave. Auch mit diesem Team werden wir Zeit verbringen und mitarbeiten, um das Potenzial einer Mithilfe abzuwägen. Mit einem Boot haben wir bereits ein Projekt entlang des Pangalanas-Kanals besuchen können, ein eindrückliches Erlebnis.
In Toamasina gibt es bereits verschiede Spitäler, öffentliche und private. Die Qualität der Dienstleistungen ist für madagassische Verhältnisse recht gut. Das grosse Problem besteht darin, dass alles im Voraus bezahlt werden muss – jedes Medikament, jede Infusion, jede Operation, wobei die Preise für die ärmere Bevölkerung kaum erschwinglich sind.
Bevölkerung: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Toamasina/Tamatave ist unter 20 Jahre alt. Die grösste Volksgruppe bilden die Betsimisaraka. Ihr Name bedeutet „die vielen Unteilbaren“. Diese Volksgruppe entstand zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch einen Zusammenschluss mehrerer Stämme, die sich gemeinsam gegen Eindringlinge aus dem Süden verteidigten. Die Betsimisaraka sind als sesshafte Bauern, Seefahrer, Fischer und Händler tätig.
Fabruce ist ein madagassischer Arzt, der die Ausbildung als Chirurg in Ghana in einem amerikanischen Missionsspital absolvierte. Seine Frau, ebenfalls Madagassin, ist Internistin und arbeitet ebenfalls im Spital.
Wie man auf dem Bild sieht, haben sie eine Fabrik gemietet, diese umgebaut und gestrichen. Nun versuchen sie, darin einen Spitalbetrieb aufzubauen. Bereits kommen täglich etwa 50 Patienten zu ambulanten Konsultationen und die 16 Betten sind ständig überfüllt. 18 Personen sind im Spital als Krankenpfleger, Hebammen etc. angestellt.
Was wir in den bisherigen 3 Wochen gesehen haben, war recht eindrücklich und überzeugend, obwohl es überall an Material, ausgebildetem Personal und Organisation fehlt. Esther schaut bei Organisation, Bestellwesen, Personalwesen, Rechnungswesen usw. hinein. Ich arbeite mehr mit den Patienten und der Ausbildung des Personals. So versuchen wir nun auch abzuschätzen, welches finanzielle, materielle und personelle Engagement für uns als Fokus Madagaskar in Zukunft sinnvoll und hilfreich sein könnte.
Wir sind dabei, eine NichtRegierungsorganisation (NGO) «Fokus Madagaskar» in Madagaskar zu gründen. Damit wäre die Organisation von Arbeitsbewilligungen für weitere kurz oder langfristige Mitarbeiter hier in Madagaskar erst möglich. Auch könnten wir damit zollreduziert Hilfsmaterial importieren.
Wir freuen uns, Euch am Donnerstag, 5. September 2019, um 19.30 Uhr anlässlich eines Infoabends im Burgsaal Thun detailliert zu informieren.
Ihr werdet vorher nochmals via Rundbrief von uns lesen.
Viele liebe Grüsse
Eure Esther und Thomas Beck