Bericht Reservoirbau

Anfangs Juli 2017 flogen Johann Josi und Markus Wüthrich von Zürich über Paris nach Antananarivo, die Hauptstadt von Madagaskar, welche kurz auch Tana genannt wird. Nach einer sehr kurzen Nachtruhe reisten wir mit der Mission Aviation Fellowship (MAF) nach Mandritsara. Beim anschliessenden Mittagessen wurden wir den Mitarbeitern vom Spital vorgestellt.
Am Nachmittag wollten wir eigentlich zusammen den Container, das Gelände und die zukünftige Baustelle besichtigen, kurz gesagt den Einsatz gemütlich angehen. Doch da standen bereits sieben einheimische, temporär angestellte Arbeiter da und warteten auf Anweisungen.

Sie sprachen weder französich noch englisch – mit einem guten Willen und viel Gelächter meisterten wir diese sprachliche Hürde relativ gut.

Sofort bauten wir die Karretten zusammen und begannen mit dem Handaushub.

Mehr als eine Woche lang gruben wir uns auf der halben Grundfläche immer tiefer in die Erde hinein. Je weiter wir uns hinunter arbeiteten, desto steiniger und damit anstrengender wurde das Ganze.

In einer Ecke stiessen wir sogar auf sehr kompakten, harten Fels, welchem wir mit einem relativ kleinen Elektrospitzhammer zu Leibe rückten.

Man kam langsam vorwärts – in unseren Köpfen kreisten Gedanken wie:

Können wir das Bauprogramm einhalten? Werden wir bis Ende August überhaupt fertig?

Nun arbeiteten wir beinahe von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang inklusive Samstags.

In Madagaskar wird es um diese Jahreszeit um circa sechs Uhr morgens hell um halb sechs abends sieht man praktisch nichts mehr auf der Baustelle. Parallel zu den Aushubarbeiten fertigte Johann die Bewehrung (alter Begriff: Armierungseisen) der Bodenplatte an.

Zum Glück trafen am 13. Juli Joel Zimmermann und Benjamin Wüthrich als Verstärkung ein. Diese beiden jungen Männer überzeugten mit ihrem Arbeitswillen und Können. Schon am Nachmittag ihrer Ankunft konnte der Magermörtel eingebaut werden.

Nun konnten wir die ganze Gruppe aufteilen: hälftig Neubau Wasserreservoir, hälftig Aushubarbeiten. Jetzt sah man jeden Tag einen Baufortschritt, der erste Betoniertag nahte. Wir rührten eine Probemischung mit den örtlichen Zutaten – von Hand gebrochenes Betonkies mit einer Korngrösse von ungefähr 16 bis 32 mm, Flusssand, Zement und chemischen Zusätzen – an. Freude herrschte, der erste Beton war auf Anhieb perfekt plastisch und sehr gut zum Verarbeiten.

Das gelungene Betonrezept stimmte uns zuversichtlich auf den ersten Betoniertag ein. (Beim Betonieren darf die Arbeit bei diesen Temperaturen nicht nicht mehr als ca. eine Stunde ruhen sonst steht der ganze Erfolg in Gefahr -> am Abend muss nämlich solange gearbeitet werden bis man fertig ist).
Nach dem Wochenende stand eben dieser Betoniertag auf dem Programm: zwei Betonmischer, sieben Einheimische und wir vier Schweizer starten um sechs Uhr morgens mit der Arbeit.

Bereits um circa halb zwei Uhr waren ungefähr 5.5 m3 der ersten Bodenplattenetappe betoniert.
Bei den nächsten, zum Teil grösseren Etappen, setzen wir drei Betonmischer und bis zu vier zusätzliche Arbeiter ein.

Die konventionelle Wandschalung musste zugeschnitten und montiert werden. Man half einander und die einheimischen Arbeiter wurden so gut wie möglich einbezogen.
Ende Juli trafen Lilly Reber, Christine und Tabea Wüthrich bei uns ein.
Bereits am ersten August wurde die zweite Wandetappe betoniert. Am Abend feierten wir den Nationalfeiertag mit den Einheimischen zusammen. Die Betondecke folgte ungefähr 3 Tage später. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits 12 Tage Vorsprung auf das Bauprogramm.
So konnten wir mit den Installationen am Wasserturm beginnen.

Sobald die Betondecke im neuen Wasserreservoir ausgeschalt war, starteten auch dort die sanitären und elektrischen Installationen. Auf der Innenseite des Reservoir montierten wir ein Abdichtungsband (sogenanntes Combiflexband) und wir dichteten die Bindstellen mit Dichtungszapfen ab (Flupp). Am Schluss wurde das Reservoir mit einem eigens aus der Schweiz mitgebrachten Hochdruckreiniger geputzt.

Zwei Grundwasserpumpen und die öffentliche Wasserversorgung der Stadt speisen das neue Reservoir.

Die Wasserversorgung der Stadt funktioniert nur unzuverlässig, daher konzentrierten wir uns auf die zwei vorhandenen Grundwasserpumpen.

Bei der 16 m tiefen Grundwasserpumpe zügelten wir die vorhandene Steuerung in die Nähe der Pumpe und bauten eine Zeitschaltuhr ein. Der obere Fühler war zu weit vom unteren entfernt, dies korrigierten Lilly und Joel. So ist es neu möglich, dass diese Pumpe wahrscheinlich auch in der Trockenzeit Wasser liefert. Es stellte sich heraus, dass sie aktuell circa 3 m3 Wasser pro Tag fördert.
Bei der 30 m tiefen Grundwasserpumpe gab es anfangs Jahr einen Brand, welcher die ganze elektrische Einrichtung, wahrscheinlich die Steuerung, komplett ausser Gefecht gesetzt hatte.

Diese Information erhielten wir leider erst in Madagaskar. Wir entschlossen uns eine neue Steuerung mit neuen Fühlern und eine Füllstandsanzeige für das neue Wasserreservoir aus der Schweiz zu bestellen. Rosina Josi und Diana Wüthrich fuhren mit dem Material extra ins Elsass, respektive nach Basel. Ein Passagier der Air France nam das Material mit ins Gepäck und brachte es nach Tana (Antananarivo). Am nächsten Tag wurde es einem LKW-Fahrer übergeben, der es in Mandritsara abgab. Die Transportzeit von der Schweiz nach Mandritsara betrug lediglich fünf Tage. In einer Samstagnachtschicht bauten wir die neuen elektrischen Teile ein, in der Hoffnung über den Sonnatg das Wasser einfliessen zu lassen.
Spannungsschwankungen, welche durch zu lange elektrische Zuleitungen verursacht wurden, machten unserem Vorhaben vorerst einen Strich durch die Rechnung. Der Wasserstand im Reservoir blieb niedrig. Nun folgten mehrere Tage mit Einstellen, Einbau eines elekrischen Stabilisators und sonstigen Verbesserungen. Zu erwähnen ist, dass die bereits vorhandenen elektrischen Installationen, milde ausgedrückt, in einem nicht allzu guten Zustand waren. Dies ist auf eine mangelnde Ausbildung der einheimischen Elektriker zurückzuführen. Vielerorts war der Stromkreis mit 32 Ampère abgesichert, obschon der Drahtquerschnitt eigentlich nur eine Absicherung von circa 13 Ampère zuliess. Teilweise stand die Erdung unter Strom. Einmal wollte Lilly die Wassertemperatur in einem Fass mit der Hand fühlen, ein Stromschlag war die Folge, weil das Wasser auf Grund einer falsch zusammengebauten Kabelrolle unter Strom stand. Zum Glück trug Lilly keinen Schaden davon. Lilly und Joel waren in ihrem Element und leisteten ganze Arbeit um diese elektrischen und sanitären Installationen auf Vordermann zu bringen und insbesondere die Sicherheit zu gewährleisten.

Trotz dieser Unsicherheiten feierten wir die offizielle Einweihung. Der Gesundheitsminister, ein Stellvertreter des Bürgermeisters, der Spitaldirektor und circa 200 Personen waren beim Banddurchschnitt und einem kleinen Apéro zugegen. Uns wurde gratuliert, mit grossen Worten wurde nicht gespart – wir kamen uns ein bisschen vor wie die Retter des Spitals.
Anschliessend gingen unsere kühnsten Träume in Erfüllung:

Die grosse Grundwasserpumpe lieferte tatsächlich circa 18 m3 Wasser am Tag, der Wasserverbrauch lag bei ungefähr 12 m3 Wasser am Tag.

Eines Tages waren Wasserturm und Reservoir vollständig gefüllt – die grosse Grundwasserpumpe musste abgestellt werden weil das Reservoir überfloss.
Nun hatten wir Zeit Im Spital einige dringene Unterhaltsarbeiten auszuführen. Ein Drucksterilisator, eine Lampe im Operationssaal und eine Lampe im Gebährsaal wurden in Betrieb genommen.
Vielen Dank an Esther und Thomas Beck, welche uns nebst vielen erfreulichen Diensten auch noch kulinarisch verwöhnten.
Den Rest der Zeit nutzten wir für Ausflüge mit dem Fahrrad, zu Fuss oder mit einem Allradfahrzeug. Schnell ging diese teilweise anstrengende aber sinnvoll eingesetzte Zeit zuende. Mit einem zufriedenen Gefühl etwas Wichtiges und Gutes geleistet zu haben flogen wir zurück nach Hause.

Funktionsweise des neuen Wasserreservoirs

Neben dem bereits circa 15m hohen, bestehenden Wasserturm mit circa 25m3 Inhalt (Erstellungsjahr 1996) bauten wir unser neues Wasserreservoir aus Stahlbeton mit circa 60m3 Inhalt in die Erde.

Eine neue Pumpe transportiert das Wasser vom neuen Reservoir in den Wasserturm (circa 4m3/h), von wo es mit einigem Druck in die bestehenden Wasserleitungen weiterfliesst.

Diverse Schwimmer, Steuerungen und eine Zeitschaltuhr regeln den Ablauf.

Zwei vorhandene Grundwasserpumpen auf dem Spitalareal und die öffentliche Wasserversorgung speisen das Reservoir.

    • Verbrauch August 2017: circa 12m3/Tag
    • Zulauf August 2017: circa 21m3/Tag

Wir hoffen, dass in der schlimmsten Trockenzeit (Oktober bis Januar) genügend Wasser vorhanden sein wird.

Schweizerteam
hinten:
Benjamin Wüthrich, Mechanikerlehrling, Allrounder
Johann Josi, Maurer und Zimmermann
Markus Wüthrich, Bauingenieur, Teamleiter
Christine Wüthrich, Pflegefachfrau, Allrounder
Tabea Wüthrich, Lehrtochter Bäcker, Allrounder
vorne:
Joel Zimmermann, Sanitär- und Heizungsinsallateur
Lilly Reber, Elektroinstallateurin

Schweizerteam
hinten:
Benjamin Wüthrich, Mechanikerlehrling, Allrounder
Johann Josi, Maurer und Zimmermann
Markus Wüthrich, Bauingenieur, Teamleiter
Christine Wüthrich, Pflegefachfrau, Allrounder
Tabea Wüthrich, Lehrtochter Bäcker, Allrounder
vorne:
Joel Zimmermann, Sanitär- und Heizungsinsallateur
Lilly Reber, Elektroinstallateurin

Autor: Markus Wüthrich