Bericht aus Madagaskar, März 2016
Weihnachten in Mandritsara
Es war heiss, 35 Grad im Schatten, und gefühlsmässig waren wir eher in Hochsommer- als in Weihnachtstimmung. Unsere vier Kerzen schmolzen in der Sonne dahin… Unsere Familie fehlte uns. Umso mehr genossen wir es, am 24. Dezember – dank dem neuen Internet – mit unseren vier Kindern telefonieren zu können.
Der 25. und 26. Dezember waren von Trauer und Mitgefühl geprägt. Eine madagassische Arztkollegin verlor in Tana drei nahe Verwandte, als ein Blitz ins Haus einschlug. Wir waren froh, dass es ihr noch möglich war, mit dem Buschtaxi in die Hauptstadt zu reisen. Sie kam nicht mehr rechtzeitig zur Beerdigung, aber immerhin konnte sie eine Woche mit ihren Angehörigen verbringen und mit ihnen trauern.
26. Dezember: Thomas hatte Notfalldienst, als Freunde aus dem Dörfchen, welches wir regelmässig besuchen, die Mutter von Christina, ins Spital brachten. Als sie nach zweistündigem Fussmarscharsch auf schlammigem Weg ankamen, war die Frau bereits bewusstlos. Leider kam jede Hilfe zu spät. Am Abend starb Christinas Mutter, eine junge Frau und gute Freundin von uns. Weinend und verzweifelt klopfte sie an unsere Türe. Wir waren erschüttert über den neuen Schicksalsschlag, da Christina bereits im vergangenen Mai ihr Kind während der Geburt verlor. In solchen Momenten fehlen uns die Worte.
Esther: Schulunterricht
Ich hatte einen guten Start in der Schule. Der Förderunterricht für Lernschwache macht mir Freude und die Lehrer schätzen die Unterstützung sehr. Seit ein paar Wochen beziehe ich die Lernhelfer intensiver mit ein. Sie sind zum Teil noch unsicher, freuen sich aber über ihre Verantwortung und die Fortschritte, welche sie bei den einzelnen Kindern sehen.
Weiterbildung der Lehrer für bildnerisches Gestalten und Werken
Die Lehrkräfte saugen die Weiterbildung wie ein Schwamm auf. Die Herausforderung für mich ist es jeweils, in zwei Stunden den Stoff weiterzugeben, den die Lehrer dann in vier bis acht Unterrichtsstunden unterrichten werden. Für die Lehrkräfte ist vieles neu, so dass ich Grundlagen erklären muss und die Selbsterfahrung fast so viel Zeit braucht wie bei den Kindern.
Ein Dach über dem Kopf – bevor der Regen fiel
Im Dezember-Rundbrief haben wir darüber berichtet, dass Fokus Madagaskar einer Dady (= Begriff für Grossmutter) mit ihrem Grosskind im Rollstuhl hilft, eine Holzhütte zu bauen, weil sie in einer aus Karton gebauten Hütte wohnten.
Das Haus wurde wie erhofft vor dem ersten Regen fertig. Es besteht aus einem Raum mit Tür und grossem Fenster, das nach vorne aufgeklappt wird und als Ladentisch dient. Es gab ein Einweihungsfest mit Sabeda (Reisbrei mit etwas Kondensmilch und Honig). In einem Kabary (kurze Rede) orientierten unsere madagassischen Freunde und Dady, dass der Verein Fokus Madagaskar, das heisst Leute aus der Schweiz geholfen hatten, dass die beiden zu einer bescheidenen Behausung kamen.
Sie lassen herzlich grüssen und danken euch allen, dass ihr ihnen den Start zu einer neuen Selbstständigkeit ermöglicht habt. Der gehbehinderte Junge ist nun täglich am Verkaufsstand tätig; Dady organisiert die Ware, stickt und näht weiterhin Tischtücher und Körbe. Seither bestreiten sie ihren Lebensunterhalt eigenständig.
Fotoana tadiava vola: „Nach der Reisernte ist die Zeit, um zu Geld zu kommen“.
Viele Leute haben in diesen Monaten kein Geld und oft auch keinen Reis mehr. Es ist uns wichtig, langfristig helfen zu können. Das braucht viel Weisheit und auch etwas Zeit. Kleinkredite sehen wir als Möglichkeit, um langfristig von uns unabhängig Geld verdienen zu können. Madagassische Freunde haben in den letzten Monaten einen Non-Profit-Verein gegründet, um den Ärmsten helfen zu können. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, langfristig selbsttragend zu werden. Wir freuen uns, dass wir und Fokus Madagaskar mit ihnen als Partner unterwegs sein können. Wir sind nicht im Vorstand, aber als Berater stark einbezogen und haben Einsicht in Finanzen und laufende Projekte. Wir werden Euch im nächsten Rundbrief davon berichten.
…das war knapp!
Die Arbeitsbewilligung und die Visa erhielten wir nach gespanntem Warten eine Woche vor Ablauf der bestehenden Visa. Wir hätten sonst das Land wieder verlassen müssen…
Es regnet nun regelmässig und die Bauern können ihre Reisfelder bepflanzen. Noch braucht es bis Mitte März fast täglich Regen, damit es im Mai/ Juni eine gute Reisernte geben wird.
Liebe Grüsse und vielen Dank für euer Mittragen
Esther und Thomas Beck